December 23, 2010

Bundestipp 22.12.2010

Wer den VfB Stuttgart trainiert, ist längst völlig egal

Während die Stuttgarter Trainer scharenweise als Meister- und Muntermacher die Liga würzen, entlässt der VfB mindestens einmal pro Jahr einen Trainer.
Die Albträume werden immer grässlicher. In der Nacht zum Samstag, nach Stuttgarts 1:2 Niederlage in Hannover, ist mir der VfB-Präsident im Tiefschlaf begegnet. "Was würden Sie tun?", wollte VfB-Präsident Erwin Staudt wissen. "Sollen wir Christoph Daum holen oder Hans Meyer oder Krassimir Balakow?"
"Holen Sie Brettschneider!" riet ich ihm. "Wer ist denn Brettschneider?", fragte er.
Der Stuttgarter Präsident sah schlecht aus, der Angstschweiß perlte ihm von der Stirn, jede Kurzschlusshandlung war ihm in dieser Verfassung zuzutrauen – und Sonntag hat er Bruno Labbadia geholt. Das ist der gefühlte 27. VfB-Trainer in den vergangenen drei Jahren, auf jeden Fall aber der dritte in dieser Saison.
Jens Keller hat es sogar nur auf 59 Tage gebracht, wobei der erste schon nichts war.
An dem hat er bekanntlich über seinen Vorgänger und ehemaligen Chef Christian Gross öffentlich gewettert, der habe als Chef nicht auf ihn gehört – und so ähnlich hat Keller an seinem letzten Tag nun den Schuldschein an die Mannschaft weitergereicht und wie ein Rohrspatz gepoltert, die habe auch nicht auf ihn gehört. Ist es nicht die Kunst eines guten Trainers, mittels feinfühliger Menschenführung genau Trainers, das zu verhindern?
Der VfB stochert mit der Wünscheltute im Nebel, dabei ist es nirgendwo leichter, einen guten Trainer zu finden, denn die fallen in Stuttgart von den Bäumen. Der Verein muss sie gar nicht finden, sie laufen ihm zu, sie wachsen im eigenen Garten.
Ralf Rangnick ist VfBler, Thomas Tuchel ist VfBler, Marco ist VfBler- und Jürgen Klopp, der größte Kloppo der Bundesliga, ist als Bub samstags zu Fuß von Cannstatt hinüberspaziert ins Neckarstadion, mit dem VfB-Schal um den Hals. Fast hätten wir jetzt Robin Dutt in Freiburg vergessen. Ebenfalls waschechter Schwabe, Tüftler, Visionär – auch er hat also all das, was der VfB mit seinem unendlichen Talentschuppen zu seinem Glück bräuchte.
"Einen richtigen Plan sehe ich beim VfB nicht", hat Stefan Effenberg als Fernsehweiser am Samstag gemeckert. Er kann ihn auch nicht sehen, denn es gibt ihn nicht.
Während die Stuttgarter Trainer scharenweise als Meister- und Muntermacher die Liga würzen, wurstelt der VfB vor sich hin. Die Profitruppe wird jährlich von wechselnden Feuerlöschern trainiert.
Immer mehr VfB-Fans haben die Nase voll. Büschelweise fallen ihnen die Haare aus, und das Fußballprojekt Stuttgart 21 kommt ihnen so sinnlos vor, dass sie ihren Spaß samstags lieber beim Demonstrieren im Schlossgarten suchen – der Stuttgarter als solcher versteht sowieso nur noch Bahnhof, wenn er sich Dinge anhören muss wie von Sportdirektor Fredi Bobic, der noch am Freitag sagte: "Die Trainerfrage ist völlig uninteressant."
Andererseits ist so ein Satz nicht viel skurriler als das Murren der VfB-Führung über die Mannschaft, die sie selbst zusammengeschustert hat. Die Stuttgarter betreiben die vermutlich beste Nachwuchsarbeit in ganz Deutschland, aber genutzt haben sie dieses Potenzial in aller Regel nur unter Zwang, wenn sie zwischendurch arm wie eine Kirchenmaus waren. In der Not kamen dann die jungen Wilden zum Zug, früher Hansi Müller und Karl-Heinz Förster, später Kurany, Hildebrand oder Hleb und vor drei Jahren Gomez, Khedira, Tasci oder Beck – die haben dann die Champions League gestürmt oder sind Deutscher Meister geworden.
Heute? In Fensterreden wird das Jugendkonzept beschworen, aber es sind Sprechblasen, die da platzen – mehr VfB-Talente als in Stuttgart spielen jedenfalls in Hoffenheim, mittels Doppelpass haben in dieser Saison außerdem schon die Freiburger Alt-VfBler Butscher und Schuster ihren Ex-Klub besiegt oder in Nürnberg der ausgeliehene Schieber, und spätestens seit Freitag droht nun die nackte Panik wie anno 1975. Damals ist der VfB als amtierender Uefa-Cup-Halbfinalist abgestiegen, und der Trainer Albert Sing hatte einen dicken Hals wie jetzt Keller, als er rief: "Klubräume ausschwefeln, Eiterbeulen ausdrücken."
Fuchsteufelswild waren die VfB-Fans auch zu der Zeit schon wegen ihrer fußballfremdelnden Bosse. Den Präsidenten Weipert nannten sie aufgrund seines Haarschopfes "Lila Hans", und im Protokoll einer Vorstandssitzung wurde einmal vermerkt, er habe zur Stärkung der VfB-Abwehr die Suche nach einem "Librio" anberaumt. Auch bei deutschen Nationalspielern machte er von sich reden, als er persönliche Briefe versandte, in denen er den "lieben Herrn Höttges" oder den "lieben Herrn Grabowski" um Nennung ihrer finanziellen Vorstellungen bat, da der VfB an einer Verpflichtung interessiert sei. Am Sonntag ist den Bossen nun immerhin die Verpflichtung Bruno Labbadias geglückt.
Aber alles in allem erinnert der VfB nach wie vor an den armen Kerl, der mitten in der Nacht unter einer Straßenlaterne kriechend ein Geldstück sucht: "Sind Sie sicher", fragt ihn nach einer halben Stunde einer, "dass sie es hier verloren haben?" "Nein, da drüben habe ich es verloren", entgegnet der Verzweifelte, "aber dort ist es dunkel, dort ist das Suchen zwecklos". So ungefähr sucht der VfB Stuttgart sein Konzept.

Felix Magath will Jermaine Jones nicht mehr

Jetzt hat Felix Magath endgültig die Nase voll. Er hat sich über seinen Spieler erneut Luft gemacht. "Er fährt nicht mit ins Wintertrainingslager. Ich habe bisher kein Zeichen bekommen, dass Herr Jones sich besonders hervorhebt. Es ist sehr problematisch, wenn ein Spieler mehr redet als dass er Leistung bringt", sagte der Coach der Schalker in "Bild". Magath hatte den US-Nationalspieler Jones genau wie Hans Sarpai und Alex Baumjohann wegen schlechter Leistungen zu den Schalker Amateuren abgeschoben.
Anmerkung: Felix Magath handelt vollkommen richtig. Daran sollten sich viele Manager und Vorstandsherren ein Beispiel nehmen. Für eine sehr gute Bezahlung kann man auch einen Gegenwert erwarten. Über Jogi Löw hatte sich Jermaine Jones auch schon abfällig geäußert, weil er ihn nicht für die deutsche Nationalmannschaft berücksichtigt hatte. Der werte Jermaine Jones überschätzt sich gewaltig. Auf einen Spieler dieser Klasse und mit so einem großen Mundwerk kann der Bundestrainer gut verzichten.

Oliver Neuville: Arminia Bielefeld fehlt einfach Qualität

Das Kapitel Arminia Bielefeld hat Oliver Neuville nach nicht einmal sechs Monaten wieder beendet. Mit der Vertragsauflösung endete das große Missverständnis zwischen dem Zweitligisten und dem ehemaligen Nationalspieler. Jetzt kartet der 37-Jährige in der "Sport Bild" nach. "Man merkt einfach, dass die Mannschaft in einigen Bereichen zu wenig Qualität hat". Schuld sei die verfehlte Transferpolitik im Sommer gewesen, als man unter anderem Giovanni Frederico und Andrej Mijatovic abgegeben habe.

Note 1 für Klaus Allofs: Er lässt Almeida wegen überhöhter Forderungen ziehen

Werder Bremens Manager Klaus Allofs hat Hugo Almeida den Laufpass erteilt. "Ich bin inzwischen überzeugt, dass wir keine Lösung finden werden, um seinen Vertrag zu verlängern. Die Erwartungshaltung des Spielers und das, was wir machen können, liegen weit auseinander", sagte Klaus Allofs der Kreiszeitung "Syke". "Das, was Almeida bei uns haben will, kann er bei uns
nicht verdienen. Da der Vertrag im kommenden Sommer ausläuft, kann Almeida ablösefrei zu einem anderen Verein wechseln".

Mario Gomez macht Kampfansage an die Dortmunder

Mario Gomez hat die Meisterschaft immer noch nicht abgehakt. "Natürlich ist die deutsche Meisterschaft für uns noch drin. Platz 1 ist zwar noch unendlich weit weg, aber wieso sollten die Dortmunder nicht auch mal ein paar Spiele verlieren", sagte der Nationalstürmer der "Bild". Auch seinen Ex-Klub VfB Stuttgart schreibt er noch nicht ab. "Der VfB hat die Qualität, die erste Liga zu erhalten. Das wird auch noch klappen".

Thomas Tuchel trennt sich von Quartett

Der Trainer von FSV Mainz 05 will sich in der Winterpause von einigen Spielern trennen. Vier Akteure sind bei Tuchel in Ungnade gefallen. Prominentester auf der Abschiebeliste ist der Tscheche Jan Simak. Das enfant terrible kam seit seinem Wechsel von Stuttgart nur auf 8 Pflichtspieleinsätze für die Mainzer. Neben Simak sollen auch Borga, Babanga und Rasmussen gehen.

Dietmar Hopp rechnet mit Wechsel von Luis Gustavo zum FC Bayern

Mäzen Dietmar Hopp rechnet nach dieser Saison mit einem Wechsel des Brasilianers Luis Gustavo von Hoffenheim nach München. "Es ist sonnenklar, dass Gustavo im Sommer zu den Bayern wechselt. Es wäre unfair, ja fast unmoralisch, wenn wir ihm die Karriere verbauen würden", sagte Hopp der "Rhein-Neckar-Zeitung". Zwar habe der Spieler einen Vertrag bis 2014, doch langfristige Verträge werden auch gemacht, um die Ablösesumme zu erhöhen, sagte Hopp.

Der Pokal beschert hohes Weihnachtsgeld

Beim Achtelfinale des DFB-Pokals winkt den teilnehmenden Vereinen ein schönes Weihnachtsgeld. Der Einzug ins Achtelfinale garantiert jedem Klub mindestens 1,2 Millionen Euro an Fernsehgeldern. Im Achtelfinale erhält jeder Verein als Prämie einen Sockelbetrag von 531.250,– Euro vom DFB.
Einnahmenkrösus im Achtelfinale ist der VfB Stuttgart, da das Duell am Mittwoch live im "ZDF" um 20.30 Uhr zu sehen ist. Der VfB kassiert zum Sockelbetrag weitere 378.000,– Euro und kommt somit auf 909.250,– Euro. Die Bayern erhalten 252.000,– Euro und erlösen 783.250,– Euro.

VfB Stuttgart: Die Situation ist einmalig

Sportlich steckt der VfB Stuttgart nach der 3:5 Schlappe gegen die Bayern weiterhin tief im Schlamassel. Zusätzlich drohen angesichts der kritischen Situation des Tabellenvorletzten die Proteste frustrierter und aufgebrachter Fans weiter zu eskalieren. "Die Situation ist einmalig und wir müssen bis zum letzten Tag um den Klassenverbleib kämpfen", sagte Trainer Bruno Labbadia. Wichtig sei es jetzt, Ruhe zu bewahren, so der Coach. Geduld und Ruhe haben aber immer weniger Anhänger. Zahlreiche Fans hatten nach dem Spiel gegen die Vereinsführung mit Präsident Staudt und Aufsichtsrat Dieter Hundt protestiert.

Felix Magath: Kein Wechsel von Manuel Neuer zum FC Bayern

Felix Magath hat einen Wechsel von Nationaltorhüter Manuel Neuer vom FC Schalke zum FC Bayern nach dieser Saison kategorisch abgelehnt. "Bis 2012 bleibt Manuel Neuer auf jeden Fall beim FC Schalke 04", stellte der Coach im "kicker" klar und trat damit anhaltenden Spekulationen um den Wechsel des Torhüters entschieden entgegen. "Sicher könnten wir ihn im Sommer für viel Geld verkaufen, aber es wäre doch ein gleichwertiger Ersatz nicht zu bekommen", sagte Magath, der Neuers 2012 auslaufenden Vertrag gern verlängern möchte.

Titelgewinn 2012 oder 2014

Bundestrainer Jogi Löw setzt große Hoffnungen in die weitere Arbeit mit der jungen deutschen Fußball-Nationalmannschaft. "Mein Bauchgefühl sagt mir, dass unser Team in der Lage ist, 2012 oder 2014 einen Titel zu holen", erklärte der Bundestrainer dem "kicker". Nach zwei dritten Plätzen bei der WM 2006 und 2010 sowie dem Einzug ins Endspiel um die Europameisterschaft 2008 sind die Ansprüche bei den Spielern gestiegen. "Wir haben Großes vor, wir wollen endlich mal wieder einen Titel nach Deutschland holen", sagte Kapitän Philipp Lahm in Baden-Baden bei der Wahl zur Mannschaft des Jahres.

Hamburger Sportverein: Kritik am Kritiker

Nach Kritik von Aufsichtsratsmitglied Peter Becker an Sportchef Bastian Reinhardt, präsentiert sich nun das Kontrollgremium des Bundesligisten zerstritten. "Es kann nicht sein, dass Herr Becker in unserer angespannten sportlichen Situation Wahlkampf auf Kosten eines Vorstandsmitglieds betreibt. Wir sollten alle an einem Strang ziehen", sagte der im Januar scheidende Aufsichtsratsvorsitzende Horst Becker .Dessen Namensvetter hatte die Berufung von Reinhardt zum Sportchef (Entscheidung war ein Fehler) hart kritisiert.
Peter Becker, 64 Jahre, gehört dem Aufsichtsrat erst seit zwei Jahren an und stellt sich am 9. Januar zur Wiederwahl. Der Wahlkampf beim zerstrittenen Hamburger Sportverein ist so schmutzig wie in der Politik..

Bonus oder Malus?

Altbundeskanzler Helmut Schmidt teilt die Menschen in drei Kategorien ein: Die erste:
"Wir normale Menschen, die in ihrer Jugend mal Äpfel geklaut haben, die zweite hat eine kriminelle Ader und die dritte besteht aus Investmentbankern." Durch die dritte ist unverschuldet eine Einrichtung in Verruf geraten, die im günstigsten Fall Sportler zu Höchstleistungen anspornt: "Der Bonus". Dieser Anreiz ist nach Meinung führender Pädagogen bei der Erziehung nur bedingt zu empfehlen, die Wirkung bei zu Trägheit neigenden Lebewesen ist allerdings unbestritten. Deshalb ist anzunehmen, dass die Verantwortlichen von Real Madrid wissen, was sie tun, wenn sie für jeden Spieler, darunter auch Mesut Özil und Sami Khedira, einen Bonus von 1.135 Millionen Euro in Aussicht stellen, falls sie ihre Arbeit so machen, dass Meisterschaft, Pokal und Champions League in dieser Saison an die Königlichen gehen. Bei den Helden vom VfB Stuttgart verhält es sich dagegen so ähnlich wie bei den Investmentbankern. Sie haben die Karre gegen die Wand gefahren, für den Schaden kommen immer andere auf. Dabei wäre ein Malus durchaus einer Überlegung wert. Das Gehalt wird am Saisonende nur dann in voller Höhe ausbezahlt, wenn die Mindestforderung erbracht wurde:
"Klassenerhalt!" Im Sinne der Gerechtigkeit wäre das dann ein echter Bonus.

Vernichtendes Urteil

Der Sportinformationsdienst (SID) kürt Mauro Caromanesi zum größten Fehleinkauf der Hinrunde. Der Italiener war Ende August von Juventus Turin zum VfB Stuttgart gewechselt, ist bislang aber nicht mehr als ein Ergänzungsspieler.