September 23, 2010

Bundestipp 23.9.2010

Bundesliga: Wie Kapital verschleudert wird

Wie suspendierte Spieler abkassieren, zeigt sich wieder einmal am Fall von Jan Schlaudraff. Es gibt zwar keine zuverlässigen Statistiken in der sonst so vielfältigen Zahlenwelt der Bundesliga, aber Jan Schlaudraff besitzt gute Chancen, als der am häufigsten suspendierte Fußballspieler firmieren zu können.
Bei Alemannia Aachen haben sie schon den Hochbegabten vor Jahren wegen Egoismen und zu wenig Trainingsfleiß auf die Tribüne gesetzt bzw. zu den Armateuren geschickt. Nun ist auch den Verantwortlichen in Hannover die Hutschnur geplatzt. Mit Trainer Mirko Slomka gab es bereits in der Vorbereitung ernste Gespräche, und jetzt hat Präsident Martin Kind ohne Rücksprache mit Slomka verfügt, dass Schlaudraff nie mehr für Hannover 96 spielt. Quasi als Retourkutsche dafür, dass Schlaudraff nicht endlich woanders spielt, denn durch das bis Ende August geöffnete Transferfenster wollte und konnte der Dribbelkönig partout nicht schlüpfen.
Warum auch? Kolportierte 125.000 Euro Grundgehalt pro Monat weisen ihn als Großverdiener aus. Es lebt sich gut in Hannover – vor allem bei dem Gehalt. Schlaudraff verteidigt sich entwaffnend, es gebe ja wohl keinen Profi, der sage: "Ich möchte bitte etwas weniger verdienen". Und schließlich kam er ja auch 2008 von den großen Bayern in München – bzw. von deren VIP-Tribüne. Gespielt hat er eigentlich nie.
Für Hannover sollte der Mann, der drei Länderspiele bestritt, ein großer Fang sein. Doch das stellte sich als ein großer Irrtum heraus. Die Leistungen entsprachen keineswegs dem Gehalt, drei Leistenoperationen machten es nicht einfacher, und das schon vorausgeeilte Image bediente er auch wieder. "Bei mir kommt es offenbar manchmal rüber, als hätte ich keinen Bock", wunderte sich der Sündenbock für alle Gelegenheiten und nahm sich neulich vor, diese Saison sich ran zu arbeiten. Das kommt allerdings zu spät – zumindest bei Hannover 96. Präsident Martin Kind spricht längst von einer seiner größten Dummheiten, die er mit der Vertragsunterschrift begangen habe. Ob es nun besonders klug ist, Schlaudraff ohne Gegenleistung sein Geld anzuweisen? Darüber darf trefflich gestritten werden. Es ist ein klassischer Fall von totem Kapital, zumal sich noch nie der Marktwert eines Spielers auf der Tribüne erhöht hat.
Felix Magath hatte davor nie Hemmungen. Bei Simon Jentzsch (Wolfsburg) und Albert Streit (Schalke 04) setzte sich der Trainer Magath stets gegen den Manager Magath durch. Eineinhalb Jahre kassierte Torwart Jentzsch, den nach einem Gegentreffer Magaths Bannstrahl noch in der Halbzeit getroffen hatte, sein Gehalt. Er klagte sich ins Training ein und bot seine Arbeitskraft an. Er hätte aber auch genauso gut seinen Opa schicken können – Felix Magath sah ihn einfach nicht mehr. 2009 gingen dann seriöserweise beide.
Albert Streit hat in Schalke bei Felix Magath noch keine Sekunde gespielt. Doch dessen Laufpass vom September 2009 hat der Mittelfeldspieler eiskalt ignoriert., er kassiert nun eben in der Schalker Reserve 110.000 Euro im Monat. Neulich hat er sogar ein Tor geschossen – gegen Homburg/Saar.
Ähnlich wie auf Schalke lief es beim VfB Stuttgart. Mit der Verpflichtung von Yildiray Bastürk, Raphael Schäfer, Ciprian Marica, Luboya, Jan Simak kamen schnell 20 Millionen zusammen. Armin Veh, derzeitiger Trainer beim HSV, wollte unbedingt den verletzungsanfälligen Bastürk in seiner Mannschaft haben. Warum haben die Ärzte damals nicht Alarm geschlagen? Warum hat der VfB-Vorstand nicht seine Bedenken geäußert? Wenn man damals Sportdirektor Heldt auf die Probleme von Bastürk ansprach, erwiderte er gereizt. Dabei hätte man sich nur in Berlin erkundigen müssen. Er galt dort als Diva, die oft sehr launisch war und große Formschwankungen hatte. Der damalige Hertha BSC Manager Dieter Hoeneß antwortete auf die Frage, was er von Bastürk halte: "Dazu könne er nicht viel sagen, schließlich ist er ja nicht so oft verfügbar, so dass man ihn auf dem Fußballrasen selten sieht, mehr im Medizinraum".
Allein der Fall Bastürk hat den VfB über 10 Millionen Euro gekostet. Dieses Geld hätte man auch auf den Müll werfen können. Es ist unglaublich, wie leichtfertig viele Vereine mit dem Geld umgehen, gleichzeitig aber immer höhere Eintrittspreise verlangen wollen. In Italien ist man auf dem richtigen Weg. Die Vereine wollen in Zukunft nur noch Verträge mit Spielern abschließen, die leistungsbezogen sind. Dagegen wollen die Spieler allerdings streiken. Daran sieht man, dass es ihnen hauptsächlich um das Abkassieren geht.
Erfunden hat das Aussitzen gut dotierter Verträge übrigens Weltmeister Thomas Berthold, der sich in der Saison 1992/1993 einen Tribünenplatz im Münchner Olympia-Stadion beim FC Bayern gönnte. In seiner ersten Saison hatte er enttäuscht und der neue Trainer Erich Ribbeck baute gar nicht mehr auf ihn. Berthold ließ sich aber nicht fortjagen und nahm auf der Tribüne Platz – denn selbst da kassierte er auch noch Prämien. Im Jahr bekam er angeblich 1 Million DM. Da platzte selbst Manager Hoeneß über so viel Unverfrorenheit der Kragen.

Manipulationen im Fußball

Der inhaftierte Wettpate Ante Sapina packt jetzt nach Informationen des Spiegel aus.
Dabei belastete er auch einen deutschen Schiedsrichter, gegen den schon mal ermittelt wurde. Der Deutsch-Kroate Ante Sapina, der seit 19. November vorigen Jahres als einer der Hauptbeschuldigten einer Bande mutmaßlicher Wettbetrüger in der Dortmunder Justizvollzugsanstalt in Untersuchungshaft sitzt, packt aus. Das geht aus den Unterlagen der Bochumer Staatsanwaltschaft hervor, die seit über einem Jahr in dem Mammutverfahren ermittelt. Demnach hat Sapina seit Ende April in über einem Dutzend Beschuldigtenvernehmen ausgesagt.
Sapina, der bereits im Jahr 2005 vom Berliner Landgericht wegen Wettbetrugs zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt worden war, ist demnach in vielen Manipulationsfällen geständig. Nach Aktenlage soll Sapina 172 Fußballspiele verschoben haben – in Deutschland von der zweiten Liga abwärts, in der Schweiz, auf dem Balkan, in der Türkei und sogar in der kanadischen Soccer League.
Den Bochumer Polizeibeamten erzählte Sapina, dass er noch vor Ablauf seiner Berliner Gefängnisstrafe im Juli 2008, die er größtenteils als Freigänger verbrachte, bereits wieder Fußballspiele manipulierte. Nach seiner Haftentlassung im Juli 2008 platzierte Sapina nach eigenen Worten über Londoner Wettmakler Geld auf verschobene Spiele auf dem asiatischen Wettmarkt. Mit diesen Vermittlern vereinbarte er ein System: Wenn er von "einem Stern" sprach, konnten sie in London von einer "schwachen Manipulation" ausgehen. "Fünf Sterne" hieß: "starke Manipulation", wie Sapina den Bochumer Kriminalbeamten erklärte, etwa "Torhüter, drei Abwehrspieler und ein Mittelfeldspieler".
Diese Informationen nutzten offenbar seine Wettvermittler ebenfalls – und platzierten in Asien gezielt auch eigenes Geld auf Sapinas manipulierte Spiele. Bis zu ihrer Verhaftung sollen Sapina und zwei weitere beschuldigte Kroaten, so steht es in den Akten, mit knapp 6000 Wetten in Asien annähernd 32,5 Millionen Euro umgesetzt und dabei exakt 2.182.387 Euro gewonnen haben.
Gleich in seiner ersten Vernehmung belastete Sapina auch den heutigen Bundesliga-Referee Felix Zwayer, dessen Aussagen beim Fußball-Bund vor über fünf Jahren den von Sapina bestochenen Schiedsrichter Robert Hoyzer auffliegen ließen. Von den Beamten ungefragt beh
auptete Sapina, er habe vor dem Regionalligaspiel Wuppertaler SV gegen Werder Bremen II im Mai 2004 nicht nur den später verurteilten Hoyzer bestochen, sondern mit 500 Euro auch dessen damaligen Linienrichter Zwayer. Wegen desselben Vorwurfs, den 2005 bereits Hoyzer erhob, hatte die Berliner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Zwayer eingeleitet, das später aber eingestellt wurde. Zwayer hat die Anschuldigungen stets bestritten.

Eintracht Frankfurt: Schwegler übt Kritik

Nach dem Fehlstart von Eintracht Frankfurt hat der Spieler Schwegler Alarm geschlagen. Es hat sich bei uns eine Selbstzufriedenheit eingeschlichen. "Einige begnügen sich damit, ein schönes Leben zu haben", deutete der Schweizer Spannungen innerhalb der Mannschaft an. Auch Heribert Bruchhagen äußerte Kritik: "Ich habe schon vor der Saison gewarnt, dass sich die Spieler in Interviews etwas zurücknehmen sollten. Auf die Spieler kommt es an", so der Klubchef zur "Frankfurter Neuen Presse".

Trainer Ralf Rangnick: Waren mit Bayern-Stars bereits einig

Das ist ja vielleicht ein Ding. Um ein Haar wären die beiden WM-Helden und etablierten Stammkräfte des FC Bayern – Thomas Müller und Holger Badstuber – bei der TSG Hoffenheim gelandet.
Das berichtete Trainer Ralf Rangnick in einem Interview mit "Bild". "Wir waren bereits mit beiden einig, dass sie zu uns kommen. Sie spielten damals in der U23 des FC Bayern. Warum der Deal platzte? Weil Trainer Hermann Gerland dem Badstuber keine Freigabe erteilte und für Müller wollte der FC Bayern damals 3 Millionen Euro haben", so Ralf Rangnick.

Karl-Heinz Rummenigge schaut nicht auf die Tabelle

Mit demonstrativer Gelassenheit hat Karl-Heinz Rummenigge auf den Holperstart des FC Bayern in der Fußball-Bundesliga reagiert. "Ich werde mir die Tabelle frühestens am 12. Spieltag anschauen", sagte der Vorstandchef des FC Bayern. "Die Mannschaft ist in kurzer Zeit wieder bei 100 Prozent und dann werden wir eine Serie starten. Es kann sich jeder darauf einstellen, dass wir irgendwann auch wieder Tabellenführer sein werden".

FC Schalke 04: Probleme werden immer größer

Nach der blamablen Vorstellung im heimischen Stadion gegen Borussia Dortmund wird die Anzahl der Kritiker an Felix Magath immer größer. Dass es nun so schlecht laufen würde, damit hatte wirklich keiner gerechnet. Schalke auf dem letzten Tabellenplatz, das ist für einen Schalke-Fan kaum zu verkraften. Die Probleme kommen allerdings nicht von ungefähr. Felix Magath hat eine sehr gut funktionierende Abwehr in ein löcheriges Gebilde verwandelt und ein in der vergangenen Saison über seinem Limit spielendem Mittelfeld nicht so verstärkt, dass es hohen Ansprüchen genügt. Mit Raul und Huntelaar wurden klasse Leute geholt, die jedoch auf gute Zuspiele angewiesen sind. Und die fehlen total. Schalkes Traum von der Meisterschale wird Magath vorerst sicher nicht erfüllen können.

FC Bayern München: Wir werden nicht unruhig

Statt "Oans, zwoa, Gsuffa" mussten die Bayern noch vor dem ersten Maß kräftig schlucken. "Das Spiel müssen wir erst einmal verdauen", sagte Miroslav Klose nach dem 0:0 gegen den 1. FC Köln. "Irgendetwas müssen wir uns einfallen lassen", mahnte Thomas Müller. Louis van Gaal versuchte zu beschwichtigen: "Wir müssen unseren Weg weitergehen. Ich bin sicher, dass die Tore dann fallen". Von Panikmache wollte Sportdirektor Christian Nerlinger nichts wissen.
"Wir werden in keinster Weise unruhig".

Werder Bremen: Torsten Frings stocksauer auf Team

Krisenstimmung bei Werder Bremen nach der Pleite am Samstag daheim gegen FSV Mainz 05. Kapitän Torsten Frings ließ in der "BamS" seiner Wut freien Lauf. "Wir machen es den Gegnern zu einfach. Wir arbeiten ganz schlecht nach hinten. Da machen nicht alle mit". Auch die Sturm-Kollegen mussten sich einiges anhören. "Vorne bietet sich niemand an. Wir sind nicht bereit, Wege zu gehen, die wehtun". Auch Werder-Coach Thomas Schaaf war nach dieser Niederlage restlos bedient. "Ich kann mich nicht erinnern, wann wir zuletzt so schlecht gespielt haben", meinte der Trainer der Hanseaten. Leider muss er auch weiterhin auf seine Stammkräfte Mertesacker, Naldo und Pizarro verzichten.

Italien Serie A: Spielerstreik droht

Die Profis der italienischen Serie A drohen nach den gescheiterten Verhandlungen mit ihren Klubs über neue Vertragsregeln mit einem Streik am 25. und 26. September. Gespräche zwischen der Spielergewerkschaft AIG und Vertretern der Vereine wurden ohne Ergebnis auf einen späteren Termin verschoben.
Die Profis rebellieren gegen ihre Vereine, die nach dem Auslaufen des Rahmenvertrages ihre Rechte beschneiden wollen. So sollen unter anderem Transfers auch gegen den Willen der Spieler möglich sein. Zudem sollen die Gehälter in Zukunft deutlich leistungsbezogener sein.

Italien: Berlusconi ist ein Narziss

Leonardo hat mit Ministerpräsident und Klubbesitzer des AC Milan, Silvio Berlusconi, abgerechnet. Der brasilianische Ex-Coach verglich den allmächtigen Berlusconi mit Narziss. "Narziss mag nichts, das kein Abbild seiner selbst ist", sagte Leonardo zur "Gazzetta dello Sport". Er gab zu, dass Berlusconi ausschlaggebend gewesen sei, den Klub nach 13 Jahren zu verlassen. "Ich bin gegangen, weil ich nicht mit dem Charakter und Stil klar gekommen bin. Das habe ich ihm auch gesagt. Eígentlich wollte ich ‘Milanista’ für immer sein".

Ruud van Nistelrooy: Diese Bundesliga ist der reinste Wahnsinn

Ruud van Nistelrooy gerät beim Stichwort "Bundesliga" ins Schwärmen. "Es gibt tolle Stadien in Deutschland, die meisten sind immer ausverkauft, die Fans sind fantastisch, der Fußball lebt hier richtig", sagte der Stürmer des HSV der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Du kommst neu hierher, und es ist egal, ob du aus Spanien, England, Italien, Australien, Holland etc. stammst, es gibt immer jemanden, der dir im Alltag hilft. Das ist toll", so van Nistelrooy.

Z i t a t e

"Wir sind in die Kabine gekommen, haben den Videotext angemacht und uns erstmal kaputt gelacht"
Manager Christian Heidel von Mainz 05 über die Tabellenführung seines Vereins.

"Das ist der schlimmste Tag für mich auf Schalke. So etwas habe ich überhaupt noch nie erlebt".
Trainer Felix Magath vom FC Schalke 04 nach der Niederlage gegen Borussia Dortmund.