Vor 50 Jahren nahm die FIFA den DFB wieder in den Weltverband auf und nach dem Zweiten Weltkrieg hatte es acht Jahre keine deutsche Elf gegeben.
Sie ist des Deutschen liebstes Kind, die Fußball-Nationalmannschaft. Selten war ihre Popularität höher, das Sommermärchen von 2006 wirkt nach, und Fußballfeste wie nach der vergangenen WM sorgen dafür , dass die Begeisterung fortlebt. Fußball ohne Länderspiele – das ist wie ein Jahrmarktbummel ohne Achterbahnfahrt. Schier unvorstellbar. Aber auch das Unvorstellbare hat es mal gegeben in Deutschland. Zwischen November 1942 und 1950 gab es während und dann in Folge des Krieges keine Nationalmannschaft. Mit den Kriegsverursachern wollte und durfte auch keiner spielen. Es gab zwar ab Januar 1950 wieder einen Bundestrainer, den seligen Sepp Herberger, und schon seit 1946 wieder organisierten Fußball in allen Zonen des von den Siegermächten besetzten Landes, aber keine Länderspiele und keine Nationalspieler. Kunststück, es gab ja auch bis 1949 keinen deutschen Staat – und dann deren zwei.
Am Mittwoch vor 60 Jahren hatte dieser traurige Zustand ein Ende. Im Brüsseler Grand-Hotel tagte das FIFA-Exekutivkomitee unter Leitung von Präsident Jules Rimet und am Vormittag des folgenden Tages, dem 23. September 1950, es war ein Samstag, wurde die "Wiederzulassung" des deutschen Fußballverbandes zum Weltverband FIFA genehmigt. Erleichtert sah man den 71-jährigen FIFA-Generalsekretär Dr. lvo Schricker, gebürtiger Karlsruher, die Treppe herunterkommen. Um 11.30 Uhr verkündete er den wartenden deutschen Journalisten: "Es ist geschafft. Der Deutsche Fußballd-Bund ist mit allen seinen Rechten wieder Mitglied der FIFA. Das will ich sofort der Stuttgarter Geschäftsstelle eures Verbandes telegraphisch mitteilen". Der Beschluss fiel einstimmig – 10:0. Das mag daran gelegen haben, dass unter anderem der russische Delegierte fehlte, aber immerhin.
Es war gewiss keine leichte Wiedergeburt. Die Kriegswunden waren längst nicht verheilt und für viele Menschen blieben die Deutschen Nazis. Noch immer waren nicht alle Kriegsgefangenen zurück. Und es fehlte jede sportliche Basis. 1946 wurde der DFB auf einem FIFA-Kongress in Luxemburg folgerichtig suspendiert, weil es ja kein Deutsches Reich mehr gab. Erst zaghafte Versuche seitens des Schweizer Fußball-Verbandes bei den Olympischen Spielen1948 in London eine deutsche Wiederaufnahme zu erwägen, wurden abgewiesen. Doch 1949 wurde die BRD gegründet und mit ihr erstand auch der DFB mit Sitz in Stuttgart, wo er als Untermieter einer alten Dame logierte. Und als Mitte September 1950 auf der Außenminister-Konferenz zu New York die Westmächte eine neue Deutschland-Politik verkündeten und sogar einen westdeutschen Wehrbeitrag zur Verteidigung Europas beschlossen, setzte ein Umdenken ein. Ein Staat, der Soldaten haben darf, darf der nicht auch Fußball spielen? Und würde man den Kampf um den Ball nicht viel lieber sehen?
Bei der WM 1960 in Brasilien sah Deutschland zu, aber auf dem FIFA-Kongress in Rio war es wieder ein Thema. Nicht nur die Schweizer, auch die Finnen und die Uruguayer setzten sich für eine Wiederaufnahme ein und weil diesen Herren im Grunde die Sternstunden von Bern, München und Rom zu verdanken sind, als Deutschland Weltmeister wurde, müssen ihre Namen auch erwähnt werden. Ernst Thommsen, Präsident des Schweizer Fußball- und Athletik-Verbands war der unermüdliche Kämpfer in der deutschen Frage, ferner der Finne mit dem nicht ganz landestypischen Namen Erik von Frenckell und der Uruguayer Dr. Gregorio. Selbst von englischer Seite gab es Unterstützung für den einstigen Kriegsgegner, der spätere FIFA-Präsiden Stanley Rous schwenkte auch die deutsche Flagge. Immerhin wurde in Rio beschlossen, das Thema auf die nächste Tagesordnung des nächsten Kongresses zu nehmen.
Es vergingen noch zwei Monate bis zu jenem Tag von Brüssel, an dessen Ende diese Worte des offiziellen Kommuniques Punkt 3 standen. "In Verfügung der Vollmachten, die dem Exekutiv-Komitee durch den Kongreß in Rio de Janeiro gegeben worden waren und nachdem die Untersuchung über die Situation des Fußballs in Deutschland gemacht worden war – beschließt das Komitee den Wiederanschluss des Deutschen Fußball-Bundes.
Als DFB-Präsident Dr. Peco Bauwens in Brüssel davon erfuhr, stand ihm das Wasser in den Augen, während er viele Hände schütteln musste. Nun war der Weg frei für das Wunder von Bern und all die Mythen und Legenden, von denen der deutsche Fußball bis heute lebt. Die Herren in Brüssel machten nur den Anpfiff, spielen mussten Fritz Walter & Co. dann selber. Erster Gegner war am 22. November 1950 in Stuttgart nicht zufällig die Schweiz (1:0). Deren Präsident Thommsen hatte allzu bescheiden die Danksagungen zurückgewiesen: "Macht’s nur kein Geschiss – was wir getan haben, taten wir gern, freudig und vor allem unaufgefordert".